Samstag, 29. August 2015

Jesus hatte leicht lieben

von Werner Spat und Werner Spa:

Jesus gilt als ein leidenschaftlicher Mensch voller Liebe und Mitgefühl. Er konnte es nicht ertragen, wenn andere Menschen leiden mussten, und war schnell zur Versöhnung bereit. Für viele ist Jesus der liebevollste Mensch aller Zeiten... Aber wie alles muss auch Jesus in den angemessenen Kontext gestellt werden, und dann relativiert sich so manches.

Jesus war ein Apokalyptiker der letzten Stunde. Das heißt, er war davon überzeugt, dass seine Mitmenschen - darunter seine Freunde, Bekannten und Verwandten - den Weltuntergang und das Jüngste Gericht über sich ergehen lassen müssen würden. Die apokalyptischen Geschehnisse waren für Jesus im Gegensatz zu den meisten von uns also nicht etwas Abstraktes in einer schwer vorstellbaren fernen Zukunft, sondern zeitlich und menschlich so nah, dass er sie ziemlich konkret vor Augen gehabt haben dürfte. Und was er da in seinem Inneren sah, war nichts Schönes, denn die allermeisten Menschen waren in seinen Augen zu böse oder moralisch zu schwach, um beim Jüngsten Gericht von Gott ein positives Urteil zu erhalten. Sie würden ewiglich verdammt sein!

Jesus konnte da nicht still sitzen bleiben. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Viele Menschen sind auch ohne Höllenqualen, sondern bei viel geringeren Leiden vor Augen oder hinter sich in der Lage zu sagen: "Das wünsche ich meinem schlimmsten Feind nicht!" Bei drohenden Höllenqualen und dann auch noch für die Ewigkeit kann man für andere Menschen noch viel leichter Mitleid, Wohlwollen und Vergebung empfinden! Da braucht man kein Heiliger zu sein.

Liebe fließt umso leichter, je mehr man dafür erwarten kann, je mehr sie sich auszahlt. Jesus war in der Beziehung äußerst berechnend. Mit seiner berühmten Feindesliebe konnte man sich nach seiner Theorie die größten Verdienste für das Jüngste Gericht und die Zeit danach im Reich Gottes erwerben. Jeder Schlag ins Gesicht vergrößerte den zu erwartenden ewigen Schatz im Himmelreich (anderes Wort fur Reich Gottes) sozusagen um einen weiteren Barren Gold. Da hielt Jesus gern die andere Wange hin. - Umgekehrt minderte es die eigenen Aussichten für Gottes Urteil beim Jüngsten Gericht, wenn man schon vor der Apokalypse materiellen Reichtum und die Liebe anderer Menschen genoss. Da ist der Lohn dahin, wie sich gemäß der biblischen Überlieferung Jesus oftmals äußerte. Die natürliche Liebe in der Familie verhalf zu keinem Heilsbonus.

Wenn man eine solche Weltanschauung pflegt, ist es relativ einfach zu lieben. Sogar, ja vor allem (!) Fremde und Feinde. Da braucht man von der Anlage her kein Liebesweltmeister zu sein.

1 Kommentar:

  1. Incredible points. Outstanding arguments. Keep up the good work!

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